Der lange Weg nach Hause
Wir möchten als nächstes Povoa de Varzim im
Norden Portugals anlaufen. Von dort aus
starteten wir vor ca. 2 Jahren unsere Reise
als Sailing Clowns und dort soll diese Reise zu
Ende gehen. Erwartet werden wir von
unserem Freund und Clownskollegen Pedro
Correia. Zusammen mit ihm möchten wir einen
Abschluss Event kreieren, ein tolles Fest
feiern, dann unser Boot an Land abstellen und
nach Hause fliegen. Wir haben Heimweh und
können es kaum erwarten, diese letzte Etappe
anzugehen.
Inzwischen ist die dritte Woche ins Land
gegangen, in der wir in Horta auf den Azoren
auf einen guten Wind für die letzte 950
Seemeilen lange Strecke warten. Anscheinend
möchten uns die Wind - und Meeresgötter noch
eine Weile festsetzen, uns nicht nach Hause
lassen. Tapfer schlugen wir alle Job- und -
Einbürgerungsangebote von unseren neuen
Freunden in Horta in den Wind und glaubten
fest daran, das sich das Azorenhoch doch
noch vor Ende des Sommers und vor dem
Beginn der Herbststürme zurückziehen werde.
Dann war es plötzlich soweit. Das richtige
Wettersystem war endlich da.
Atè ja-so sagt man hier für: auf Wiedersehen.
Wir segeln bei flachem Meer und stetigen
schwachen Winden in nördlicher Richtung los.
Drei wundervolle Tage gleiten wir über ´s Meer.
Nun können wir östlich auf das Kap Finistere in
Galizien zu halten. Eine traumhaft schöne
Überfahrt scheint das zu werden, so dachten
wir jeden falls, bis uns eine Magen- Darm
Grippe, die in Horta ihr Unwesen trieb und die
wir uns von dort als blinden ungebetenen
Passagier mitgenommen hatten, das Leben
erschwerte. Dazu kamen natürlich sofort
weitere Unbilden in Form von einem wilden
Meer mit steilen kurzen Wellen aus allen
Richtungen und einem Wind, gegen den wir
anhalten mussten. Gegen an fahren heißt immer
nasses segeln und so hatten wir die nächsten
vier Tage Dauerduschen gebucht. Es gab
keinen trockenen Ort mehr auf unserem
Schiff. Frierend und nass mit Magengrimmen
hingen wir schlechtgelaunt auf unserem
herumhüpfenden Kahn. Hab ich schon erwähnt,
dass es auch keine Sonne mehr gab? Nichts
konnte trocknen, der Himmel und das Meer
waren ein großes unermessliches graues
Einerlei. Kurz bevor wir uns selbst über Bord
werfen wollten, um unserem Elend ein Ende zu
machen, wurde sowohl unsere Magen Darm
Grippe als auch das Wetter wieder besser.
Puh. Mit der Sonne kam die gute Laune zurück.
Nur wurde jetzt der Wind immer schwächer
und schwächer. Seltsam. Für die letzten zwei
Tage der Reise hatten wir fest mit starken
nördlichen Winden gerechnet, die uns vor sich
her in Richtung Portugal blasen sollten. Aber
anstatt dessen fahren wir schon 24 h unter
Motor durch eine große Flaute. Wir
entscheiden, in grader Linie den nächsten
Hafen anzulaufen. Baiona in Galizien- Hallo wir
kommen!! Pedro in Povoa de Varzim muss noch
warten. Als Segler wird man niemals nicht
irgendwann einmal pünktlich irgendwo sein
können.
Inzwischen dümpeln wir wieder unter Segeln mit
schwachem Wind und ca. 3 Knoten Fahrt auf
unser 60 sm entferntes Ziel zu. Wir
versuchen nun den letzten Teil der Reise zu
genießen. Der große Ozean ist wie ein Teich,
flach und ruhig, die Delfine springen, die Sonne
glitzert im Meer und wir gehen immer mal
wieder schwimmen. Alles geht in einer noch nie
erlebten Langsamkeit voran. Ankommen ist was
für Leute die es im Leben eilig haben! Und
Ankommen an dem Ort, den man eigentlich
angepeilt hat, ist was für Leute die keine
Überraschungen mögen. Wir fragen uns, was
wohl noch so kommt, und uns vom Ankommen
abhalten möchte.
Vor der Küste Galiziens am Kap Finistere geht
eine der Hauptrouten des globalen
Warenverkehrs entlang. Die Berufsschiffahrt
wird hier durch ein Verkehrstrennungsgebiet
geordnet, das ist sowas wie eine Autobahn und
die müssen wir nun queren. Alle Schiffe, die
hier entlang dampfen haben viele
Bruttoregistertonnen und sind ungefähr drei-
viermal so schnell wie wir. Sie ziehen an uns
vorüber, wie auf einer Perlenschnur. Da die
Winde immer noch schwach wehen, entscheiden
wir uns für s Motorsegeln um mit mindestens
5 Knoten Fahrt dieses
Verkehrstrennungsgebiet zu queren. Wir
suchen uns eine Lücke und geben Gas.
Geschafft! .Jetzt dümpeln wir auf dem
sicheren Mittelstreifen des
Verkehrstrennungsgebietes und suchen
beherzt die nächste Lücke. Nach 30 min.
scheint uns der Moment günstig und wir geben
wieder Gas. ( Ach ja, und natürlich spielt sich all
das mitten in der Nacht bei schlechter Sicht
ab) Gerade sind wir aus dem Dampfertrack
raus, als der Motor die Leistung verweigert
und langsam ausgeht. Wir driften nun ohne
Motor und ohne Wind hilflos herum. Nicht aus
zudenken , was passiert wäre , wenn der
Motor 10 min. früher seinen Geist aufgegeben
hätte. Schiffe versenken hätten die großen
Pötte mit uns gespielt. Anstatt dessen feiern
wir: Hurra- wir leben noch!! Und danach geht
Christian an die Motorreparatur.
Wahrscheinlich ist der Dieselfilter dicht. Doch
auch nach dem Wechsel des Filters bringt
unser Motor nicht mehr seine normale
Leistung, nur noch 1200 Touren und ca 1, 5 bis
2 kn Fahrt. Es sind immer noch 36 sm bis in
unsere Ankerbucht. Geduldig und unendlich
langsam driften wir unter Segeln mit einem
Hauch von Wind darauf zu. Jetzt sind wir
dankbar für die schwachen Winde und die
flache See, denn unser Motor könnte uns jetzt
nicht mehr bei schwierigen Verhältnissen vor
dem Schiffbruch an der Küstenlinie retten. Am
nächsten Mittag reißt uns ein Funkspruch aus
unserer Lethargie. Die spanische Marine hält
eine Übung ab und wir befinden uns anscheinend
mitten im Schussgebiet. Wir werden per Funk
darauf hingewiesen, schnellst möglichst einen
gewissen Sektor zu verlassen. Wir erklären
bedauernd, dass wir das sehr gerne wollen
würden, könnten es aber nicht auf Grund
unseres Motorschadens. Das Marineschiff teilt
uns nun mit, das es in eine andere Richtung
schießen würde und ob wir damit leben
könnten! Ja gerne, vielen Dank! Ein weiteres Mal
auf dieser Reise entgehen wir knapp dem
beliebten Schiffe versenken Spiel. Das
Donnern der Geschütze des Marineschiffes
empfinden wir nun als unseren persönlichen
Salut! Ein Willkommen an die Clowns. Bumm.
Bumm. Bumm. Es sind jetzt nur noch 5 Meilen
bis zur sicheren Bucht, und der Wind haucht
sich komplett aus. In die beginnende Dunkelheit
hinein werden wir drei Stunden lang mit 1,5 kn
Fahrt unterwegs sein, bis wir endlich unseren
Anker schmeißen können. Wir liegen neben
einer englischen Yacht, und der Typ darauf
hat noch Lust auf Gesellschaft. Fein, wir
paddeln schnell rüber und feiern mit ihm
zusammen unsere lange abenteuerliche
Überfahrt. Und das Beste: Ian, so heißt unser
Gastgeber, weiß auch noch woran unser
Motor krankt: Er tippt auf eine ganz
bestimmte kleine Dieselleitung, die sich zugesetzt
haben könnte und er hatte recht: die
Reparatur dauerte nur 10 min. Hurra!! Aber
jetzt ist erst einmal Warten angesagt, denn in
dieser Woche sagt der Wetterbericht nur
Flaute voraus. Pünktlich ankommen ist halt nur
was für Landratten. SET SMILE
Nasses segeln
Totale Flaute
Bitte nicht schießen
Überall Frachtschiffe